Venezolanischer Schmetterlingsbuntbarsch, Mikrogeophagus ramirezi

Venezolanischer
Schmetterlingsbuntbarsch

Mikrogeophagus ramirezi

(Myers &
Harry, 1948)
Heinrich
Stöllnberger
Verein Steyr

Als Glücksgriff entpuppte sich der Erwerb eines Schmetterlingsbuntbarschpärchen. Schon ihr Verhalten im Händlerbecken durch die Absonderung von ihren Artgenossen und die konsequente Verteidigung eines kleinen Bereiches in der Nähe des Heizstabes, deutete auf eine künftige Liebesbeziehung hin.

Ihre ursprüngliche Heimat ist Venezuela und Kolumbien. Sie halten sich dort vorzugsweise in Uferzonen kleinerer Bäche mit vielen Versteckmöglichkeiten und sehr weichem Wasser auf Zuhause angekommen wollte ichihnen annähernd gleiche Bedingungen schaffen. Es wurde ein flaches, 30 Liter fassendes Becken mit Quarzsand als Bodengrund eingerichtet. Eine flache Steinplatte und ein Busch Javafarn sollte die Einrichtung vervollständigen. Ins Becken füllte ich eine Mischung von 1:1 aus abgestandenem, mit Torf angereichertem Regenwasser und Leitungswasser. Dieses Gemisch ergab eine dGH von 6  und einen pH-Wert von 6.5. Die Wassertemperatur betrug 27 °C. Anscheinend gute Verhältnisse für meine Buntbarsche, die sich zwar anfangs versteckten, doch schon abends begann das Weibchen die Steinplatte zu begutachten und zu säubern.

 
 © Foto: H. Stöllnberger

 

Der Venezolanische Schmetterlingsbuntbarsch, Mikrogeophagus ramirezi,
ist ein äußerst sensibler Fisch, der schnell krank wird und eingeht,
wenn ihm nicht optimale Aquarien-Bedingungen geboten werden.
Im Bild ein brutführendes Männchen

 

 

Die Geschlechter ließen sich gut unterscheiden. Das Männchen erkannte man an dem lang ausgezogenen zweiten Rückenflossenstrahl und einer prächtigen Rotfärbung am Kopfbereich, sowie im Rücken- Brust- u. Afterflossenbereich. Die Brust gefiel mit pastellfarbigem Gelb. In der Körpermitte prangte ein schwarzer ovaler Fleck. Die roten Augen waren seeräuberisch mit einer senkrechten schwarzen Binde sichelförmig durchzogen. Die hintere Körperhälfte hatte eine blassblaue Grundfärbung und darüber leuchtend hellblaue Punkte bis in die Schwanzflosse gestreut. Das Weibchen wirkte etwas kleiner, hatte zusätzlich einen purpurroten fülligen Bauch mit bereits ausgeprägter Legeröhre, mit der sie langsam über die Steinplatte streifte und dabei ein Ei nach dem anderen ablegte. Anschließend schwamm das Männchen knapp über das Gelege und befruchtete die Eier. So ging das ca. eine halbe Stunde, bis der Eiervorrat des Weibchens erschöpft war. Das Gelege wurde abwechselnd mit den Flossen befächelt um den Eiern Frischwasser zuzuführen. Nach einem Tag sah ich, dass einige der anfangs glasklaren, 1 mm großen Eier weiß wurden und später auch alle anderen Eier verpilzten. Die Enttäuschung war groß, ich führte den Verlust auf das frisch eingerichtete, noch nicht eingefahrene Becken zurück. Jetzt galt es die Elterntiere mit kräftigem Futter zu versorgen.

In den nächsten Tagen wurden aufgetaute Mückenlarven und Wasserflöhe verfüttert, was die Schmetterlingsbuntbarsche mit kräftigen Farben dankten. Zu meinem Erstaunen zeigte das Weibchen schon nach 11 Tagen wieder ihre Laichbereitschaft mit einer fülligen Bauchgegend. Einen Tag später fand ich wieder ein prächtiges Gelege von ca. 3 cm Durchmesser am Rand der Steinplatte. Das Männchen wachte als stolzer Vater darüber. Dagegen übernahm das Weibchen die Revierverteidigung, denn im nebenstehenden Becken schwammen einige Salmler. Jetzt entschloss ich mich ein antibakterielles Mittel zu verwenden. Eine 0,1-prozentige Trypaflavinlösung half mir das Gelege zu retten. Nach 3 Tagen schlüpften die Larven und zappelten an Fäden hängend im Gelege herum. Das Männchen sorgte mit seinen Flossen für Frischwasserzufuhr.

 
 


© Foto: H. Stöllnberger
Mikrogeophagus ramirezi sind Offenbrüter, d. h. sie laichen entweder
auf Steinen, in einer Laichmulde am Boden oder auf einer
flachen waagrechten Stelle ab. Die Brutpflege wird oft von beiden
Elterntieren betrieben. Wenn das Pärchen nicht harmoniert, übernimmt dann das
Männchen die alleinige Brutpflege, wie das Bild zeigt.

Nach weiteren 2 Tagen kam Leben in die Kinderstube. Manche Fischbabys purzelten kopfüber den Rand der Steinplatte hinab in den Sand. Dem aufmerksamen Vater entging das nicht, er saugte seine Babys ins Maul und spuckte sie wieder ins Gelege zurück. Später waren es zu viele Jungfische, die das Weite suchten, und so sammelte er sie nur mehr abends zur Nachtruhe ein.

Das Weibchen spielte bei der Brutpflege keine entscheidende Rolle, sie kümmerte sich praktisch nicht um den Nachwuchs. 2 Tage nach dem Schlüpfen entwickelten sich die Augen der Jungfische. Noch tollpatschig durch den überdimensionalen Dottersack schwirrten sie durch die Gegend und fielen am Boden angekommen, in eine Schräglage zurück. 5 Tage nach dem Schlupf schwammen die winzigen Jungfische frei. Das Männchen hatte große Mühe den Schwarm von ca. 100 Fischbabys zusammenzuhalten. Jetzt half auch das Weibchen beim Einsammeln mit. Nun begann ich mit der Fütterung von feinem aufgetautem Teichfutter. Ab dem 8. Tag nahmen die Kleinen bereits frisch geschlüpfte Artemia-Nauplien.

Am 12. Tag fiel mir ein dramatisches Schwinden der Jungfische auf. Aufgeregt und aufmerksam kümmerte sich das Männchen um den verbliebenen Rest, verjagte das Weibchen, das vermutlich durch die erneute Laichbereitschaft sich an den Jungen vergriff. Daraufhin übersiedelte ich das Weibchen kurzerhand in ein mit Neonsalmlern besetztes Aquarium.

 
© Foto: J. Ohlinger

Nahe verwandt und sehr ähnlich zu Mikrogeophagus ramirezi ist der
Bolivianische Schmetterlingsbuntbarsch, Mikrogeophagus altispinosus,
der im Mamoré- und Guaporé-System vorkommt.

Als die kleinen Schmetterlingsbuntbarsche 3 Wochen alt waren, ließ die Brutpflege des Männchens schon etwas nach. Die Jungen gingen schon alleine auf Futtersuche. Sie wuchsen relativ rasch, mit 1,5 cm Länge wurden sie in ein 60 Liter fassendes Becken überstellt und schon nach knapp einem halben Jahr waren sie geschlechtsreif und hatten eine Länge von 4 cm. Das Elternpaar bescherte mir noch zahlreiche Mikrogeophagus ramirezi. Die herrlichen Südamerikaner fanden viele neue Liebhaber und ich hoffe, dass so mancher Aquarianer einen Versuch wagt und einen Teil zur Arterhaltung beitragen kann.

Mit freundlicher Genehmigung der
Redaktion der ATInfo und des Verfassers  übernommen
.

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