Noch immer eine Rarität im Aquarium – Barbus jae aus Westafrika –

Noch immer eine Rarität im Aquarium

Barbus jae aus Westafrika –

 

 

 

 

von Prof. Otto Gartner

 

 

Unter dem Titel: „Kleine Fische aus Afrika“ schrieb ich vor 35 Jahren (1971) in der ersten Ausgabe des damals neuen Wiener Fachblattes VIVARIUM (Redaktion Kurt Wittmann) über kleinwüchsige, schöne, vorher bei uns noch nicht gepflegte Fischlein aus dem westlichen Äquatorial-Afrika. Dr. Alfred Radda hatte solche Tiere im Winter 1970/71 als „Beifang“ von Kamerun nach Wien gebracht und mir davon 1/4 (Männchen/Weibchen) überlassen. Zu dem Vivarium-Aufsatz steuerte Radda das Schwarz/Weiß-Foto (Bild 1) eines Männchens bei.

 

 

 

 

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Barbus jae Boulenger , 1903 (stark vergrößert). ©Univ.-Prof. Dr. Alfred Radda

 

 

Als Anmerkung der Redaktion liest man: „ Barbus jae wurde von Boulenger in Ann. Mag. N. H. (= Britisches Nat. Hist. Museum) 7, 437, 1903 beschrieben. Das Typusexemplar hatte eine Totallänge von 28 mm und stammt vom Ja- (= Dja-) River im südöstlichen Kamerun …“

 

 

Bei den ersten Nachzuchtversuchen hatte ich wenig Erfolg. Die Tiere waren von der langen Reise bis zu ihrer Übergabe an mich stark geschwächt. Auch nach Anfütterung mit kleinem Lebendfutter gaben weibliche Tiere nur wenig Laich ab.

 

 

Das ist mittlerweile mein siebenter Bericht über solche, im männlichen Geschlecht, nach Fundorten unterschiedlich gefärbte und gezeichnete Tiere. Einige der Rassen aus Gewässer-systemen Kameruns und Gabuns, die wir Wiener gesammelt hatten, stelle ich anschließend vor.

 

 

Bei Westafrika-Aufenthalten, beginnend Februar 1972, mit den Kollegen Alfred Radda, Eduard Pürzl, später auch mit anderen österreichischen und deutschen Interessenten, wurde in mehreren Staaten geforscht und gesammelt. Barbus jae fand man sie im Küstenabschnitt, sondern stets im Landesinneren von Kamerun, Gabun, Äquatorial-Guinea und den beiden Kongo-Staaten. Die Zeichnung zeigt Kameruner-Fundorte. Sie ist bereits in „Das Aquarium 9/2000“ erschienen.

 

 

 

 

 

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Kamerun mit Fundgebiete-Übersicht. ©Professor Otto Gartner

 

 

 

 

Gebiet 1: nächst des Sanaga-Flusses, im Grenzbereich Regen­wald­-Buschland. Hier waren im Jänner 1977 die Temperaturen in den sonnenbeschienenen Bächen und Wassergräben von etwa 25 °C um 1-2° höher, als im Regenwald weiter südlich. Dort entstand auch 1979 das von Walter Warecka mir zur Verfügung gestellte Foto.

 

 

 

 

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1979 – Prof. Otto Gartner fischend in einem Regenwaldbach . ©Professor Otto Gartner

 

 

Auf Höhe meiner rechten Hand, leicht übersehbar am Gewässerrand, ist Anubias gilletii mit wenigen pfeilförmigen Blattspreiten zu sehen. Barbus jae aus Gebiet 1, zu Hause nachgezüchtet. Die meisten Bäche Südkameruns führen weiches und saures Wasser.

 

 

 

 

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Gebiet 1 = Sanaga-Rasse vom Grenzbereich
Regenwald-Buschland. ©Professor Otto Gartner

 

 

Gebiet 2: befindet sich nächst der Nationalstraße 3 und beginnt etwa 60 km östlich der Stadt Edea. Die hier beheimatete Rasse aus dem Kelle-Nyong-System, deren Männchen zur Laichzeit blutrote Färbung zeigen, wurde 1976 von E. Pürzl, bei der Suche nach Killifischen in einem Bach nahe Sombo angetroffen. 1977 brachte eine andere Samml­er­grup­pe, der auch ich angehörte, lebende „Sombo-Jae“ mit. (Bilder 5 u. 6) Dieser Farbschlag ist auch in den Kelle-Zubringern die man entlang der Straße nach Eseka (südwärts) überquert, zu finden.

 

 

 

 

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Gebiet 2 = Nyong-Rasse der Art im Aquarium.
Gebiet 2 = laichfärbiges Männchen der Nyong-Rasse.
©Professor Otto Gartner

 

 

Gebiet 2a: es zählt ebenfalls zum Nyong-System und liegt weiter flussaufwärts in Umgebung von Awae, 40 km östlich der Hauptstadt Yaoundé. E. Pürzl fischte dort 1983 und überließ mir Tiere dieser Rasse.

 

 

 

 

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Gebiet 2a = Barbus  jae, Männchen von Awae (Nyong Oberlauf). ©Professor Otto Gartner

 

 

Gebiet 3: sind Bäche, die östlich von Kribi (zwischen Akom II und Ebolowa quer zur Nationalstraße 7) südwärts zum Grenzfluss Ntem rinnen. 1975 brachte ich einige Exemplare davon nach Wien. Ihre Nachzucht war wegen der extrem weichen und sauren Fundortwässer schwierig.

 

 

 

 

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Gebiet 3 = Fische von den Ntem-Zuflüssen in Südkamerun. ©Professor Otto Gartner

 

 

Gebiet 4: liegt am küstennächsten halbkreisförmigen Südbogen mit etwa 50 km Durchmesser des Dja-Flusses, dem Typusfundort von Barbus jae . Wie aus Bild 2 ersichtlich fließt der Dja im Oberlauf westwärts, macht vor Sangmélima eine Umkehrschleife landeinwärts zum östlichen Grenzfluss Shanga. Der wieder gelangt im Staat Kongo beim Ort Mousaka in den Zaire- oder Kongo-Strom, welcher die Grenze beider Kongostaaten bildet. So gelangt das Jae-Wasser etwa 950 km von Kameruns Südgrenze in den atlantischen Ozean.

 

 

1979 sammelten Horst Linke, Otto Hofmann und ich nördlich von Sangmélima in einem Bach, der zum Dja entwässert, Barbus jae , deren männliche Tiere fast schwarzen Kopf und Vorderkörper und blutrote schwarz-gebänderte Hinterkörper zeigen. Auch ihre Rü-cken-Bauch- und Afterflossen sind zweifärbig.

 

 

 

 

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Gebiet 4 =  Männchen vom Typus-Fundort (Dja-Fluss). ©Professor Otto Gartner

 

 

Gebiet 5: die Mitte der Kameruner Südgrenze bereisten wir ebenfalls 1979. In der Umgebung des Ortes Djum gab es Barbus jae , auf die, im Vergleich zu anderen Rassen der Art, die Bezeichnung „graue Mäuse“ passte. Deshalb nahmen wir von dem Gebiet keine solchen Tiere mit.

 

 

Wiener, mit denen ich mehrmals in Kamerun unterwegs war, haben auch in Gabun Fische und Pflanzen gesammelt. Erwin Kuber, Otto Hoffmann, Eduard Pürzl und Alfred Radda brachten zu jenen Zeiten noch unbekannte Killifisch-Arten nach Österreich, die anschließend von Radda, bzw. Radda und Pürzl beschrieben und in wissenschaftlichen Arbeiten publiziert wurden. 1988, im Februar, waren O. Hofmann und E. Kuber im Osten Gabuns, ca. 160 km nördlich der Stadt Franceville unterwegs. Aus dem Boumiandie-Flüsschen, ca. 15 km südlich des Äquators, brachten sie ebenfalls B. jae mit. Männliche Fische davon mit geringer Rotfärbung am Kopf, wenigen bläulichen Glanzpunkten oberhalb der Augen und auf dem vorderen Rücken, präsentieren sich wieder anders. Das ebenfalls rotfärbige Körperende zeigt In der Mitte des Schwanz­stieles einen schwarzen Punkt. Ihre grauen Körper und die großen dunkel gerandeten Schuppen machen diese Fische nicht besonders attraktiv; wäre da nicht, je nach Befinden der Männchen, die dunkelrote bis schwarze Rückenflosse; in Hochstimmung sind die dunklen Bauch- und Afterflossen auffallend rot gesäumt, was viel zur Schönheit der Männchen beiträgt.

 

 

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Ostgabun, 160 km nördlich von Franceville, Männchen. ©Professor Otto Gartner

 

 

 

Die gleichfalls grauen Weibchen haben nur an der Rückenflossenbasis solche schwarz/rot Färbung. Hinter den Kiemen beginnend finden sich wenige große, später zum Schwanzstiel hin kleiner werdende kreis- bis ovalförmige Lateralflecken . Von diesen Fischen konnte ich auch Nachwuchs erzielen .

 

 

 

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Ostgabun 160 km nördlich von Franceville‚ Weibchen.
Ostgabun‚ Nachzuchtfische dieser Rasse.
©Professor Otto Gartner

 

 

 

 

Herbst 1999, zehn Jahre nach meinem letzten Afrikaaufenthalt und Eigenimport von B. jae aus Kamerun, wurde ich vom Wiener Volksbildungswerk, Fachgruppe Wissenschaft, für einen Lichtbildvortrag beim Internationalen Symposium in Litschau (Nö) eingeladen. Mein Thema: „60 Jahre Aquarianer“, konnte ich als Erfolg verbuchen.

 

 

 

 

Unter den über hundert Teilnehmern befand sich auch Gerhard B., Zoo­händler (Heimtierstube, Waidhofen/Thaya). Er wusste von meiner Suche nach Barbus jae und bot mir erfreulicherweise diesen Fisch an. Bei einer Einkaufstour in den Niederlanden hatte er sie gesehen und für mich er­standen.

 

 

Mit zwölf dieser Neuzugänge züchtete ich bis Jahresende 2004 und gab an Interessenten etliche davon ab. Jahreswechsel 2004/05 behielt ich wieder für die Weiterzucht im folgenden Winter zwanzig Jungfische davon zurück. Die Art laichte bei mir jährlich stets um diese Zeit. Diesmal aber hatte ich Pech, denn aus den Jungen sind ausschließlich männliche Nachkommen entstanden. Das war, nach fünfjähriger erfolgreicher Vermehrung, das vorläufige Ende dieser Arterhaltung in meinen Aquarien.

 

 

Aber bereits Herbst 2005 erfuhr ich, dass in der „Heimtierstube von Waidhofen/Th.“ neuerlich B. jae aus Kamerun auf mich warteten. Altersbedingt, nunmehr ohne Auto, reisten meine Frau und ich mit der Bahn ins Waldviertel um am nächsten Tag als stolzer Besitzer meiner Lieblingsfische (3/5) zurück nach Wien zu fahren. Erste Zuchten sind bereits geglückt.

 

 

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„Heimtierstube“ – Import aus Holland, den ich 1999 erwarb, (weiblich).
„Heimtierstube“ dritte Nachzuchtgeneration, männlicher Barbus jae.
©Professor Otto Gartner

 

 

 

 

Was mich positiv stimmt, sind die laichvollen neuen Weibchen und die kontrastfärbigen männlichen Tiere der fast nie im Handel angebotenen Spezies. Daher mein Bestreben, diese Seltenheit weiterhin erfolgreich zu vermehren, um damit auch andere „Außenseiter“ unter den Aquarianern zu beglücken. Warum „Seltenheit“ ? Deshalb, weil ihre Vermehrungsrate – im Unterschied zu vielen anderen Karpfenverwandten – nur gering ausfällt. Bei einer Fischgröße von 28 Millimetern ist der Laichausstoß (l0-20 Eier) gering, hingegen sind diese Produkte verhältnismäßig groß (2 mm).

 

 

 

 

Für Leser dieses Berichtes, die mehr über Afrikaaufenthalte, Fundorte, Pflege und Nachzucht solcher Raritäten wissen wollen, nachfolgend Literaturangaben über meine einschlägigen Artikel in deutschen Fachzeitschriften.

 

 

 

 

 

Literatur:

 

 

Gartner, O. (1971): Kleine Fische aus Afrika.- Vivarium, 1 (1): 5-8.

 

 

Gartner, O. (1978): Barbus jae , ein prächtiger Fischzwerg aus Afrika.- das Aquarium, 103 (1): 8-10.

 

 

Gartner, O. (1980): Klein, aber sehr schön! Barbus jae aus Kamerun.- TI (Tetra-Information), 51 (9): 2-9.

 

 

Gartner, O. (1982): Schöne Überraschung mit kleinen afrikanischen Fischen.- DATZ, 35 (3): 89-93.

 

 

Gartner, O. (1988): Kleine Schönheiten aus Afrika.- Aquarium heute, 9 (4): 21-24.

 

 

Gartner, O. (2000): Klein, schön, aber kaum im Angebot: Barbus jae .- das Aquarium, 375 (9): 16-20.

 

 

 

Mit freundlicher Genehmigung der
Redaktion der ATInfo und des Verfassers  übernommen.

 

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